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Wissenschaftlerin zu Flucht und Rückkehr

Die Humangeographin Birgit Glorius hat dem NDR ein hörenswertes Interview zu den Fluchtbewegungen aus der Ukraine und der Rückkehr ukrainischer Geflüchteter gegeben. In diesem weist Glorius auf einige interessante Aspekte hin:

  • Die Statistik der Ein- und Ausreisen über die Grenzübergänge sagt nichts über die Motivation hinter der grenzüberschreitenden Mobilität aus. Mit anderen Worten: Menschen, die die Grenze zur Ukraine überqueren, müssen nicht zwangsläufig Geflüchtete oder Rückkehrer*innen sein.
  • Es ist anzunehmen, dass sich im Falle einer Rückkehr oder Weiterreise tendenziell nur wenige Ukrainer*innen bei den zuständigen Behörden im Aufnahmestaat deregistrieren. Dies wiederum bedeutet, dass Zahlen hinsichtlich der aufgenommen Ukrainer*innen mit Vorsicht zu interpretieren sind und tendenziell eher zu hoch sind.
  • Die Motivlagen für eine Rückkehr in die Ukraine sind vielfältig. Bisher ist es kaum möglich, fundierte Aussagen darüber zu treffen, aus welchen Gründen genau Ukrainer*innen zurückkehren.
  • Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass der Beginn des neuen Schuljahres eine wichtige Rolle für eine Rückkehrentscheidung spielt.
  • Weiterhin ist davon auszugehen, dass militärische Erfolge der ukrainischen Armee die Bereitschaft zur Rückkehr ebenfalls steigern.
  • Sollte es einen Appell der ukrainischen Regierung zur Rückkehr geben (was gegenwärtig allerdings nicht absehbar ist) würde dies wohl ebenfalls viele Menschen zur Rückkehr veranlassen.
  • In diesem Kontext gibt Glorius auch den interessanten Hinweis, dass die ukrainische Kultusministerin von Beginn an an die Aufnahmestaaten appelliert hat, ukrainischen Kindern die Teilnahme am digitalen Homeschooling aus der Ukraine zu ermöglichen.
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UNHCR-Studie zu ukrainischen Geflüchteten

Auf Basis von fast 5.000 Interviews hat der UNHCR eine aufschlussreiche Studie zum Hintergrund und den weiteren Plänen von ukrainischen Geflüchteten veröffentlicht, die sich gegenwärtig in Tschechien, Ungarn, Moldau, Polen und der Slowakei aufhalten.

Die zentralen Erkenntnisse sind:

  • Insgesamt 73 Prozent der Befragten sind nicht alleine aus der Ukraine ausgereist: 18 Prozent der Befragten sind in Begleitung von mindestens einem Kleinkind (bis vier Jahre) ausgereist, 53 Prozent sind mit mindestens einem minderjährigen Kind im Alter von fünf bis 17 Jahren ausgereist. 21 Prozent der Befragten sind in Begleitung von mindestens einer Personen über 60 Jahren ausgereist, 23 Prozent sind in Begleitung von mindestens einer Personen mit besonderen Bedürfnissen ausgereist.
  • Lediglich 74 Prozent der Befragten besitzen den für die Einreise in die EU eigentlich notwendigen biometrischen Reisepass.
  • 52 Prozent der Befragten haben einen Universitätsabschluss, 25 Prozent haben eine Berufsausbildung. Es lässt sich insofern festhalten, dass insbesondere die gebildete Mittelschicht aus der Ukraine geflüchtet ist.
  • 65 Prozent der Befragten wollen im gegenwärtigen Aufnahmestaat bleiben, nur neun Prozent planen im kommenden Monat in einen anderen Aufnahmestaat weiterzureisen.

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Update Moldau

Vor zwei Wochen haben wir einen ausführlichen Artikel zur Situation ukrainischer Kriegsflüchtlinge in Moldau veröffentlicht. In diesem thematisierten wir auch, dass in Moldau kein Schutz gemäß der „Richtlinie zum vorübergehenden Schutz“ existiert, da das Land kein EU-Mitglied ist. Geflüchteten steht daher nur der Weg ins Asylverfahren offen, um ihren Aufenthalt längerfristig zu sichern. Weiterhin schrieben wir:

„Grundsätzlich dürfen sich ukrainische Staatsangehörige bis zu 90 Tagen ohne spezielle Erlaubnis in Moldau aufhalten, wobei davon auszugehen ist, dass diese Frist vor dem Hintergrund der Verlängerung des Ausnahmezustandes zwischenzeitlich verlängert beziehungsweise aufgehoben wurde“.

Nun wissen wir es sicher: Laut einem kürzlich veröffentlichten Dokument des UNHCR ist seit dem 18. Mai 2022 eine Regelung in Kraft, die vorsieht, dass ukrainische Staatsangehörige zumindest solange im Land bleiben dürfen, wie der Ausnahmezustand gilt. Auch ohne die Stellung eines Asylantrags haben sie das Recht zu arbeiten, eingeschränkte Gesundheitsversorgung zu erhalten, etc. Der UNHCR äußert jedoch Bedenken dahingehend, dass unklar sei, was passiere, wenn der Ausnahmezustand aufgehoben wird und wie mit Drittstaatenangehörigen aus der Ukraine verfahren wird.

Weiterhin berichtet der UNHCR:

  • Minderjährige Ukrainer*innen haben nunmehr kostenfreien und uneingeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung.
  • Bis zum 15. Juni 2022 wurden 1.623 Menschen aus Moldau in EU-Staaten ausgeflogen, 11.360 Menschen verließen das Land über den „Green Corridor“.
  • In Transnistrien halten sich gegenwärtig 4.000 bis 6.000 ukrainische Geflüchtete auf.

Interessante Einblicke in die Lebensrealität der etwa 80.000 Ukrainer*innen, die sich aktuell in Moldau aufhalten, bietet eine kürzlich veröffentlichte Studie. Auf Basis der vorliegenden Daten, die aus Befragungen von Familien resultieren, zeichnet sich das folgende Bild:

  • Die Mehrheit der Familien stammt aus der Region Odessa.
  • Etwa Zweidrittel der Familienmitglieder sind Frauen. Dies erklärt sich dadurch, dass Männer zwischen 18 und 60 Jahren nur in Ausnahmefällen aus der Ukraine ausreisen dürfen.
  • Jeweils etwa ein Viertel der Familien lebt aktuell in einem Hotel oder einer anderweitigen, privat angemieteten Unterkunft. Etwa ein Drittel der Familien ist bei Familienangehörigen oder bei moldauischen Gastfamilien untergebracht. Nur knapp über ein Zehntel der Familien wohnt in staatlichen Camps.
  • Etwa Dreiviertel der Haushaltsvorstände gehen in Moldau keiner Erwerbstätigkeit nach. Dies mag auch daran liegen, dass über die Hälfte der befragten Personen angibt, dass für die Integration in den lokalen Arbeitsmarkt das Erlernen einer neuen Sprache notwendig sei.
  • Weitaus weniger als 10 Prozent der Familien planen, zeitnah in einen anderen Staat weiterzureisen. Nur etwa 10 Prozent ziehen in Betracht, zeitnah in die Ukraine zurückzukehren.
  • Bisher besuchen relativ wenige ukrainische Kinder eine Schule oder einen Kindergarten in Moldau.
  • Knapp 15 Prozent der befragten Familien haben bisher Gesundheitsversorgung in Moldau in Anspruch genommen.

Wie bereits in unserem Artikel zu Moldau herausgestellt, hängen die weiteren Entwicklungen in Moldau untrennbar mit dem weiteren Verlauf des Krieges zusammen: Sollte Odessa Ziel verstärkter Angriffe werden, ist damit zu rechnen, dass innerhalb kürzester Zeit Zehn- oder sogar Hunderttausende Geflüchtete nach Moldau kommen werden.

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Ukrainische Kriegsflüchtlinge in Moldau: Zwischen Solidarität und Weiterreise

Auf der Webseite von Pro Asyl findet sich ein ausführlicher Artikel von Pro Asyl und bordermonitoring.eu zur Situation von ukrainischen Geflüchteten in Moldau.